
Bewirtschaftungskonzept Hofgut Maxau
Eine Frage der Definition?
(Beitrag im pdf-Format)
Sprachliche Ungenauigkeiten sind allgegenwärtig. Zumeist ordnet der Empfänger diese zusammen mit dem Begleittext in die richtige Schublade ein. Wenn es darauf ankommt, wird es jedoch nicht ausbleiben, genau zu werden. Als ein Beispiel mögen drei Worte gelten: biologisch, ökologisch, naturverträglich. Die drei Adjektive können auf gleicher Stufe stehen, wenn sie zwischen vertrauten Gesprächspartnern ungezielt für einen gemeinsamen Sachverhalt verwendet werden. Aber wenn zwischen den Worten oder, zunächst, sowohl als auch und ähnliche Verbindungen auftauchen, können nur inhaltliche Unterschiede gemeint sein.
Nehmen wir zwei Texte, abgefasst von der Pressestelle der Stadt Karlsruhe:
Am 27.03.2012:
„Der neue Pächter möchte das Hofgut standortangepasst, nach ökologischen als auch integrierten Vorgaben bewirtschaften, die Umstellung auf Bio wird derzeit von den Verbänden geprüft und langfristig als Bewirtschaftungsmethode seitens Rüdiger Stahl für Maxau angestrebt.“
Am 05.04.2013:
„Die Landwirtschaft auf den Ländereien des Hofgut Maxau soll sich in den kommenden Jahren von einer bislang durch Maisanbau geprägten Bewirtschaftung hin zu einer naturverträglicheren Anbauweise mit vielfältiger Fruchtfolge entwickeln. Mittelfristiges Ziel ist eine ökologische Landwirtschaft. Diesen mehrjährigen Umstellungsprozess wollen Umweltverbände und Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Pächter einvernehmlich gestalten.“
Deutlich wird, dass die Beiträge eine graduelle Abstufung der Bewirtschaftung der Hofgut-Äcker über folgende Skala beschreiben und zwar mit der naturfernsten beginnend:
integriert - naturverträglich - ökologisch - biologisch
Vorab bleibt festzuhalten, dass die Veranstalter die konventionelle Landwirtschaft nicht erwähnen. Die integrierte Produktion ist ein Bindeglied zwischen dieser konventionellen und der ökologischen Herstellung. Die naturverträgliche Variante scheint eine Steigerung der integrierten zu sein. Ökologische und biologische Landwirtschaft werden allgemein als deckungsgleich angesehen. In Verbindung mit konventionell, bei der integrierten Methode, wird der ökologische Part jedoch inhaltlich abgewertet. Die Steigerung zu Bioland liegt in der dort für die Genehmigung des Biosiegels erforderlichen regelmäßigen Kontrolle auf Einhaltung von Regeln, die den Bauernhof als Betriebsorganismus, als eine eigenständige Einheit verstehen.
Solange die Stadt und der Pächter kein Bewirtschaftungskonzept vorgelegt haben, bleibt Spielraum für Auslegungen. Die allernächste Deutung ist, dass naturnah und ökologisch nichts anderes als die integrierte Produktion umschreiben. Dann läge das ökologische Maß in der Hand des Pächters. Der Bauernhof unterwirft sich zunächst keiner Kontrolle. Die Möglichkeit einer Kontrolle lässt zu viele Spielräume offen.
Fehlt der Ware im Hofgut das mit dem Bio-Siegel verbundene Vertrauen in eine ökologische Produktionsmethode, dann muss der Bauer auf eine Kundschaft setzen, dem solche Auszeichnung gleichgültig ist. Dieser Kunde wird eine die Produktion verteuernde Abwendung vom konventionellen Landbau wohl kaum ersetzen.
Es spricht einiges dafür, dass Hofladen und Gaststätte mit einem unter Biosiegel hergestelltem Warenangebot größere Chancen für die Rendite des Unternehmens Hofgut Maxau und die angestrebte ökologisch orientierte Produktion bietet. Wir empfehlen daher eine deutliche Steigerung der ökologischen Anforderungen an die Bewirtschaftung der Felder des Hofgutes Maxau. Unser Anliegen ist die Einführung eines Biolandverfahrens, z.B. das nach der EG-Bioverordnung. Nach Artikel 9 der EWG-Verordnung Nr. 2092/91 müssen die Erzeuger kontrolliert werden. Damit ist von fachlicher Seite eine durchgängig hochwertige Produktion sicher gestellt. Eine Aufgabe, die weder die Stadt noch die Verbände leisten können.
Einen gut formulierten Vergleich zwischen dem integrierten und dem ökologischen Landbau – wobei hier ökologisch mit biologisch gleich gesetzt wird – hinterließ das Ehepaar Piorr im universal lexikon.deacademic.com. Auf ihm bauen die Wünsche dieses Artikels auf.
Die ganze Wucht der ökologisch orientierten Anforderungen trifft den Nachfolger in der Pacht des Hofgutes, Herrn Stahl. Wir bezweifeln, dass in seinem Pachtvertrag Bewirtschaftungsregeln mit ökologischem Anspruch enthalten sind. Wenn er sich dann freiwillig zu einer biologischen Norm entscheidet, werden wir den Hut ziehen.
Trifft unsere Vermutung hinsichtlich des Vertragstextes zu, dann muss der Stadt als Verpächter vorgeworfen werden, eine ökologische Zielsetzung verpasst zu haben. In Anbetracht der Stellung, die einer Gemeinde für den naturbewahrenden Umgang mit Ländereien zukommt, wäre das ein kaum verzeihlicher Fehler. Ein solches Verhalten wäre nicht vereinbar mit den Verpflichtungen, die die Stadt mit dem Beitritt zum Bündnis „Biologische Vielfalt in Kommunen“ eingegangen ist. Dieses Bündnis hat sich die Unterstützung der „Nationalen Strategie der biologischen Vielfalt“ zum Ziel gesetzt. Das Bekenntnis zu mehr ökologischen Ansätzen in der Landwirtschaft wäre ein wesentlicher Beitrag gewesen.
Wenn sich die Umstellungszeitraum von 7 Jahren als unvermeidlich erweisen sollte, stellt sich die Frage, wie präsentabel der Hof im Jubiläumsjahr 2015, dem Jahr mit der höchsten Aufmerksamkeit, sein wird. Der Bauernhof ist der ernsthafte Hintergrund der Parkidee mit Spielplatz, Gaststätte, Hofladen und Weidewiesen. Er muss dem Publikum u.a. auch mit seinen Zielsetzungen präsentiert werden. Dazu gehören ein Sachstandsbericht für die Rheinparkgäste spätestens ab 2015 und eine Prognose für die verbleibenden 5 Jahre. Auf keinen Fall darf das Ziel biologische Landwirtschaft aus den Augen verloren werden.
Der Titel zeigt das gestreckte Abbild des Gewölbes der Bahnunterführung zwischen nördlicher und südlicher Kirchau mit den verwirrenden Signalen der Sprayergilde.
Anlagen:
- Landwirtschaft: Integrierter, ökologischer Landbau, Dr. A. und H-P. Piorr
- Verordnung Nr. 2092/91 Ökologischer Landbau, EWG
- Beschlussvorlage Beitritt zum Bündnis, Stadt Karlsruhe
- Titelbild
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max.albert.ka@googlemail.com
Karlsruhe, Mai 2013